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Bericht vom 23.09.2018:
Juden und ihre Spuren in Elze
Elze - Eingeladen in Stichweh‘s Hotel am Bahnhof hatte der Elzer Heimat und Geschichtsverein den kompetenten Referenten Dr. Phil. Anton Weise aus Wunstorf. Der Historiker lehrt und forscht am Historischen Seminar der Leibniz Universität Hannover. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die neueste Regionalgeschichte. Er hat sich dabei in seiner Disertation aus der Perspektive der Täterforschung mit dem Raub an den niedersächsischen Juden auseinandergesetzt, der in zunehmendem Maße von der Finanzverwaltung durchgeführt wurde. Sein Interesse gilt dabei nicht nur den Opfern sondern auch den Tätern und Nutznießern. Dabei hat er den Raub an den Juden in die Geschichte der NS-Zeit eingeordnet mit konkreten Beispielen auch aus der Stadt Elze. Er beleuchtet dabei das Schicksal von fliehenden wie auch deportierten Juden. In großen Zügen umfasste seine Information an diesem Abend, -vor vielen interessierten Zuhörern- die Ausgrenzung, die Chronologie und Beraubung, die Deportation und den Raub, wie auch die Vermögensverwertung, die Organisation und die Beteiligten, das geraubte Gut und die Nutznießer. In Elze ging er auf die Familien Rosenstern und Ella Oppenheimer mit ihrer Tochter Alice Palmbaum ein. Zu Anfang zählte 1% der Bevölkerung zu den Juden. Seit 1938 wurden Listen über die jüdischen Familien, die an die Gestapo gemeldet werden mussten. Man bezeichnete diese als „Oppositionelle“ bzw „Staatsfeinde“. Dazu erklärte Weise, dass die meisten Juden, die die Gefahr kommen sehen haben, ihren Wohnort verließen, um in einer größeren Stadt „unterzutauchen“. Wer allerdings die Zeichen der Zeit erkannte, wanderte rechtzeitig u.a. nach Australien, Südamerika und Kanada aus. „Auf jeden Fall wurden die Juden dadurch aus ihrem sozialen Kontex herausgerissen“, so Weise. Hausrat und Möbel blieben zum großen Teil in der Wohnung. Die kamen dann in eine Sammellager und die Wohnung wurden geputzt., sowohl von den Ausgewanderten wie auch von denen, die in die Deportation kamen. Die Nachbarn wussten nichts vom „Auszug“ , sie waren praktisch erst mal „aus dem Blickfeld“ verschwunden und dann machte man sich auch keine weiteren Gedanken. Zum Teil kamen die Juden erst mal in ein Judenhaus in Hannover und so versuchten die Menschen im Umfeld, sich die Sachlage „schönzureden“ und auch „wegzugucken“. Die großangelegte Deportation begann dann am 15.12.1941 mit zunächst 10001 Personen, im Juli 1942 erfolgte der nächste Transport über Hannover nach Theresienstadt. Die Beraubung hatte aber bereits in 1933 durch das NS Regime begonnen „als volks- und staatsfeindliches Vermögen“. Jetzt wurde es Stück für Stück vorangetrieben/gegenüber den „Oppositionellen oder Staatsfeinden“. Der Raub wurde pragmatisch durchgeführt als sogenannte Reichsfluchtsteuer aus der Weimarer Republik“, so Weise. Inzwischen radikalisierte sich die Judenverfolgung in großem Umfang. Wohlhabende Männer wurden verhaftet in Konzentrationslager Dachau und Buchhagen gebracht, gequält und erniedrigt. Das Steuerrecht wurde abgeschafft und die Kinderfreibeträge abgeschafft. Eine weitere Verschärfung gab es durch eine Devisenknappheit und die „Weltwirtschaftskrise“. Dadurch wurde eine vorbeugende Sicherungsanordnung eingeführt. Es wurde eine Verfügung erlassen, dass ab 1941 keine Devisen mehr ins Ausland transferiert werden durften. Das Vermögen sollte also nicht ins Ausland abwandern. Jeder durfte nur noch höchstens 400 RM besitzen und darüber verfügen. Die „Reichskristallnacht“ wurde zu einem bahnbrechenden Erlebnis in dieser schwierigen Situation. Elzer Juden In Elze lebte Erich Oppenheimer, der verurteilt wurde und ins Alfelder Polizei-Gefängnis kam. Synagogen, Wohnungen und Häuser wurden zerstört. Das NS Regime radikalisierte sich und forderte jetzt eine „Sühneleistung“. Hermann Göring verlangte 100 Mio RM, 1,1 Milliarden Reichsmark als Sondersteuer. Was hinzu kan, sie erhoben eine Verordnung zu einem Gesetz, dass die Juden aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen wurden. Nun wurde den Juden auch noch das Handeln verboten. Darüber hinaus mussten sie sämtliche Edelmetalle abgeben. Das bezeichneten sie als „Das Vermögen von Reichsfeinden“, so Weise. Bei der Ausreise durften sie nur wenig mitnehmen, das Vermögen wurde in Deutschland eingezogen und dem preußischen Staat übergeben. Die größte Deportation war im Dezember 1941. Dabei hat das Finanzamt vom Oberfinanzpräsident Hannover, der zuständig war eine Liste bekommen vom Vermögen, nach der Prämisse: „Das Reichsbürgergesetz bestimmt, dass jeder, der das Reichsgebiet verlässt oder gestorben ist, sein Geld verliert. Privilegiert zur Übernahme des Vermögens war dann ausschließlich die Reichsverwaltung. Es gab eine Arisierung und der Raub wurde vom Staat organisiert, Auch Firmen mussten zugunsten des Staates verkauft werden. Die Situation verschärfte sich immer mehr nach dem November-Progrom. Jetzt wurden Listen erstellt, wo ganz genau nicht nur die Möbel in Listen aufzunehmen waren sondern auch der Inhalt der Schränke wie Wäsche, Teller, Tassen Bestecke usw., um zu sehen, welchen Besitz der Einzelne besaß. Es wurde massenweise Eigentum verkauft. In Hannover begannen die Judenverfolgungen, jeder war nur noch eine Nummer. Es ging hier um 24 Milliarden Reichsmark. Dann folgte die Deportation in großem Maße und der Raub.
Lea Oppenhauer geb. Frank wurde gezwunden sich am Raub und Tod zu beteiligen, Möbel, Kleidung, Besteck und Geschirr, alles kam unter den Hammer. Emil Rosenstern kam im Juli nach Theresienstadt(das war damals Reichsgebiet) die Listen über die Enteignung wurden im Schaukasten ausgehängt. Ella Oppenheimer wurde nach Riga deportiert, die Enteignung war bereits erfolgt, denn alles gehörte ja dem Staat. Inzwischen entstand ein Neid auf die NSDAP, denn die schönsten Artikel eigneten sich die Mitarbeiter der Institutionen an, alles andere bekam die OFP. 1941 gab es dann in Elze keine Juden mehr, denn 5 Juden waren nach Hannover umgezogen. Alle bedienten sich der Wertsachen: Steuerbeamte, Schätzer, Devisenbeamte und das Zollfahndungsamt. Hinzu kamen die Gestapo, sowie die Finanzämter und andere Behörden; die NSDAP und viele andere Professionen(z.B. Banken und Spediteure) Es gab ungeheuer viele Profiteure auf breiter Basis. Im Juli 1942 findet man Hinweise auf Helene Rosenstern, bis dato waren alle Betriebe der Juden längst verkauft. Dann ging es noch um Hausrat, Wertpapiere und das unbewegliche Vermögen. Nutznießer und solche die es sein wollten waren die am Raub beteiligten Personen(Gestapo und -Finanzverwaltung) Profiteure und verhinderte Profiteure. Die interessierten sich dann nur noch für die „reichen Juden“. Juden. Albert Rosenstern ist am 11.9. 1938 nach USA ausgewandert und hat 1.670 RM mitgenommen. Emil Rosenstern wurde am 23.7.42 nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Helene Rosenstern 23.7.42 ebenfalls. Ella Oppenheimer und ihre Tochter Alice Palmbaum und Elena Oppenheimer wurden am 15.12.41 ins Ghetto nach Riga deportiert und ermordet. Die Grundstücke wurden vorher verkauft. Schwierig war die Wert-Einschätzung von Schmuck. Der Raub an den Juden hat damals allen Profit gebracht, weil man das Volk ausgeraubt hat. Deshalb waren auch Auslandsreisen ab 19041 verboten. Für die vielen Verbrechen in dieser Zeit waren Unmengen von Helfern und Helfershelfern erforderlich. Trotz alledem stellte Weise in den Raum, warum haben damals alle weggeschaut?? Die Vorsitzende des Heimat Vereins Astrid Schwarze bedankte sich beim Referenten für den ausführlichen Vortrag.

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